Aus dem ganzen Bundesgebiet kamen Menschen zusammen, um weiter an der Vorbereitung des 1. Studierendenpolitischen Ratschlags zu arbeiten. Aus Stuttgart, Tübingen, Darmstadt, Ulm, Essen, Göttingen, Bochum und Jena kamen Aktivisten in den Seminarraum im Kulturwissenschaftlichen Zentrum der Georg-August-Universität am Sonntag, dem 22. Oktober, oder nahmen per Zoom teil. Hier in Göttingen findet am Wochenende 2./3. Dezember dieser wichtige Erfahrungsaustausch statt.
Das Treffen startete mit einer Diskussion, die die Lage der Studierenden in Zusammenhang mit der gesamten Weltlage bringt. Daran knüpfte die Ausarbeitung der Foren an. Die Foren sollen den Erfahrungsaustausch organisieren, sich mit einem Thema vertiefend beschäftigen und Forderungen entwickeln.
„Unsere Diskussionen drehten sich viel um die Erstsemester, die gerade mit ihrem Studium beginnen. Sie gehen mit vielen Hoffnungen und Tatendrang an den neuen Lebensabschnitt. Schnell werden sie aber auch mit einer Reihe von Problemen konfrontiert, wie dem Bangen um die Genehmigung des BAföG-Antrags oder die eigentlich viel zu teure Wohnung. Zeit, um sich dagegen zu wehren, bleibt kaum, denn das Hamsterrad aus vollen Stundenplänen und Prüfungen beginnt sofort sich zu drehen. Der Studierendenpolitische Ratschlag soll jede fortschrittliche Kritik daran aufgreifen. Er dient dazu, uns gegenseitig den Rücken zu stärken und dieses Hochschul-, aber auch das ganze Gesellschaftssystem, grundsätzlich in Frage zu stellen.“
Tristan Großkopf, Mitglied der bundesweiten Koordinierungsgruppe
Zu Beginn des Semesters gibt es an den Universitäten Orientierungsphasen mit zahlreichen Veranstaltungen. Darin kommen viele gute Initiativen der Studierenden zum Ausdruck. Auffällig ist aber, dass so ziemlich keine Kritik daran gibt, was im Uni-Alltag im Mittelpunkt steht: den Lehrinhalten. Dabei, so ein Beitrag der Offenen Akademie, liegt in ihnen der Hauptgrund, warum es keine große gesellschaftskritische Studentenbewegung mehr gibt. Prüfungsstress und das Untergehen in Einzelerkenntnissen untergraben letztendlich die Wissenschaftlichkeit ganzer Fächer.
In dem Zusammenhang legt ein Beitrag aus Bochum dar, dass im Studiengang Umwelttechnik die gigantische Ressourcenverschwendung gar keine Rolle spielt und so die realen Probleme gar nicht richtig widerspiegelt. Dabei müssen wir mittlerweile schon die These diskutieren, dass die Umweltkrise den Sprung zum Eintritt in die globale Umweltkatastrophe gemacht hat. Vor allem im Umwelt-Forum muss zum Umgang damit eine Strategiedebatte stattfinden, die über die Hochschulen hinaus geht. Die Verbindung von Studierenden und Arbeitern wird ein wichtiges Element auf dem Ratschlag sein. VW-Arbeiter aus Braunschweig sind in der Vorbereitung des Forums zur globalen Umweltkatastrophe beteiligt. Im Forum zu den sozialen Fragen der Studierenden kann von Arbeitskämpfen in den Industriebetrieben gelernt werden.
Das Forum von Young Struggle und Jugendverband REBELL wird sich mit gesellschaftlichen Perspektiven beschäftigen. Auf dem Vorbereitungstreffen wurde besprochen, dass schon der Titel des Forums den Sozialismus als konkretere Perspektive enthalten muss. Eine Reihe von Veranstaltungen an der Universität in Göttingen zeugen von dem Bedürfnis, sich mit der Alternative zum Kapitalismus tiefergehend auseinanderzusetzen.
Der Impulsbeitrag von Young Struggle beschäftigte sich mit der internationalen Lage und den Konflikten in Israel/Palästina und Kurdistan. Die Leitlinien, die wir beim Vorbereitungstreffen im Juli beschlossen haben, spielen gerade in der Positionierung um den Krieg zwischen Israel und Palästina eine wichtige Rolle. „Faschisten, Rassisten, Antikommunisten, Antisemiten, Verschwörungstheoretiker und Sexisten“ sind ausgeschlossen. Das bedeutet sowohl die klare Verurteilung des Staatsterrors durch die Regierung Israels, als auch des Terrors gegen Zivilisten der Hamas, aber gleichzeitig Solidarität mit dem Befreiungskampf der Palästinenser.
Empörung gab es über zwei Berichte aus Göttingen. Eine Veranstaltung zur Umbenennung der Universität in „Emmy-Noether-Universität“ (eine weibliche Wissenschaftlerin) in der Fakultät der Physik durfte nicht stattfinden, weil sie zu politisch sei und ein Professor wird nach widerwärtigen Missbrauchsfällen weiterbeschäftigt. Die beiden Foren zu politischer Unterdrückung sowie Machtmissbrauch und Sexismus an Hochschulen werden das aufgreifen.
Weitere Ergebnisse des Treffens sind die Aufteilung der Gemeinschaftsaufgaben, die Verabschiedung des Finanzplans und Wahl eines Revisors. Es ist entschieden, dass die Teilnahme von internationalen Gästen organisiert wird.
Vor dem eigentlichen Ratschlag war das das letzte bundesweite Vorbereitungstreffen. Nun steht eine spannende Zeit bevor, in der die örtlichen Vorbereitungsgruppen ihre jeweiligen inhaltlichen und praktischen Beiträge ausarbeiten und das Projekt noch viel bekannter machen. Viel Erfolg!