Redebeitrag zum 8. März vom Studierendenpolitischen Ratschlag

Mein Name ist Selin, ich bin Studentin und spreche als Mitglied der Koordinierungsgruppe des Studierendenpolitischen Ratschlags.

An diesem 8. März möchte ich auf die Unterdrückung und den Machtmissbrauch von Frauen im Studium und in der Wissenschaft aufmerksam machen. Als der 8. März 1911, auf Initiative von Clara Zetkin, erstmalig unter dem Motto „Heraus mit dem Frauenwahlrecht!“ begannen wurde, waren kaum Frauen in den Hörsälen zu sehen. Auch weil sie sich in Männerkleidung tarnen mussten.1 Heute beträgt der Anteil von Frauen, die studieren 50%. Je höher das Amt in der Wissenschaft desto geringer der Anteil von Frauen – der Anteil der Professorinnen beträgt 28%.2

Frauen sind im Wissenschaftsbetrieb unterrepräsentiert und Machtmissbrauch ausgesetzt. Ob im Studium, in der Wissenschaft oder im Beruf: Machtmissbrauch ist Teil des Gesellschaftssystems. In diesem Gesellschaftssystem liegen auch die Ursachen der besonderen Unterdrückung von Frauen.

Universitäten spiegeln gesellschaftliche Strukturen wider!

In der häuslichen Sphäre sind 80% der Frauen hier zu Lande Gewalt oder sexuellem Missbrauch ausgesetzt. An Forschungseinrichtungen in Europa erleben 66% der Frauen Gewalt. Im Dezember 2023, beim Studierendenpolitischen Ratschlag, berichteten Frauen von eigenen Erfahrungen. Von sexistischen Abbildungen oder Kommentaren in Vorlesungen, über Diskriminierungen in Ingenieursberufen, hin zu sexuellen Übergriffigkeiten durch männliche Kollegen oder Dozenten. Für Frauen kostet es viel Mut sich zur Wehr zu setzen, denn Studentinnen, Mitarbeiterinnen und Doktorandinnen befinden sich in asymmetrischen Macht- und Abhängigkeitsverhältnissen. Die Notengebung, Verlängerung des Zeitvertrags und die Publikationen hängen davon ab. Im Februar dieses Jahres wurde ein Professor an der Universität Göttingen nach mehrfachem Machtmissbrauch zu Bewährungsstrafe verurteilt. Ein anderer erhält nach jahrelangem sexuellem Missbrauch an Doktorandinnen lediglich eine Disziplinarklage. Das sind nur Teilerfolge und nicht genug!

Mit Blick auf die aktuelle politische Situation, mit der Tendenz zu Faschismus, Krieg und der begonnenen Umweltkatastrophe, sind wir Studierenden und Frauen besonders herausgefordert. Aus diesem Grund schließen wir Studierende uns mit der fortschrittlichen Frauen- und Arbeiterbewegung zusammen! Gegen die Rechtsentwicklung von Regierungen und die politische Unterdrückung von Kapitalismuskritikern und Revolutionären! Gegen den Abbau demokratischer und erkämpfter Frauenrechte und die Verbreitung reaktionärer Frauenbilder!

Wir fordern: Gemeinsam gegen Machtmissbrauch und Unterdrückung von Frauen an den Universitäten! Frauenpower und Solidarität statt Einzelkämpfertum!

1 https://magazin.uni-leipzig.de/das-leipziger-universitaetsmagazin/artikel/akademische-chancengleichheit-an-der-universitaet-leipzig-2021-03-05

2 https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bildung-Forschung-Kultur/Hochschulen/Tabellen/frauenanteile-akademischelaufbahn.html