Das Forum umfasste drei Themenblöcke, einen Impulsbeitrag, eine Diskussionsrunde und einen praktischen Teil, die im Folgenden vorgestellt werden.
Der erste Themenblock umfasste einen Impulsbeitrag, der in das Thema des Forums, mit dem Titel „Gleichstellung in Studium und Wissenschaft? Zum Machtmissbrauch in Bildungseinrichtungen, der besonderen Unterdrückung von Frauen, die Rolle der Familie und zu den Perspektiven der Frauen“, einführte. Nach einer Vorstellungs- und Erwartungsrunde hielt Selin, Studentin und Mitglied im Frauenverband Courage, einen Impulsbeitrag, der in drei Abschnitte gegliedert war.
Ausgangspunkt, im ersten Abschnitt, war die unterschiedliche Form der Betroffenheit von Studierenden, die in der, im Vorfeld durchgeführten, halb-offenen online-Umfrage hervorkam. Mit der Relevanz des Themas, betont durch die von ProfessorInnen veröffentlichte Resolution1 und die Verflechtung von Universitäten und Hochschulen mit der kapitalistisch organisierten Gesellschaftsstruktur wurden
1) das Erlangen von einem tieferem Verständnis über die Zusammenhänge zwischen physischer, psychischer oder sexueller Gewalt, sexualisierter Übergriffe, Erniedrigungen und asymmetrischem Machtgefälle und
2) das Schärfen eines Bewusstseins über die materielle Ausgangslage der gesellschaftlichen Ordnung, also das Gesellschaftssystems und die Familien- und Staatsordnung, als Ziele gesetzt.
Der folgende Abschnitt handelte, unter dem Titel „Ein Abriss über die gesellschaftlichen Strukturen – Zur Unterdrückung der Frau und der Rolle der Familie“, von dem soziohistorischen Wandel von Hausund Hofgemeinschaften zu der Einzelfamilie mit Privateigentum, der Herausbildung einer patriarchalkapitalistischen Gesellschaftsordnung und der (neu) gezeichneten Geschlechterrollen. Untermauert mit Zahlen aus Statistiken zu geschlechtsspezifischer Gewalt und Aussagen von Frauen aus der eigenen Umfrage wurde die These der Unterdrückung von Frauen mit der geschlechtsspezifischen Gewalt als Teil des Systems prononciert.
Abschließende zwei Thesen aus dem vorangegangenen Abschnitt leiteten den dritten Abschnitt, „Zum Machtmissbrauch an Universitäten“, ein, in welchem die häufig gefallenen Begrifflichkeiten von Macht, Machtasymmetrie oder Machtmissbrauch mit einem macht- und herrschaftsanalytischen Blick auf die Universitäten und die Gleichstellung von Mann und Frau in der Wissenschaft, eingeordnet wurden. Abschließende Problematisierungen und Anführungen von Beispielen betonten die unmittelbare Involviertheit der aktuellen und ehemaligen Studentinnen, die an dem Forum teilnahmen, und boten Impulse, die zum Nachdenken anregten und Anknüpfungspunkte zum Diskutieren ermöglichten.
Mit einer Diskussionsrunde zum vorangegangen Impulsbeitrag began der zweite Themenblock. In diesem wurde die besondere Rolle der Studierenden, vor allem Studentinnen, und jungen Frauen im Wissenschaftssystem anhand von eigenen Erfahrungen mit Professoren und Mitarbeitern, sowie Vorfällen an den jeweiligen Universitäten, breit thematisiert. Von mikroperspektivischen Fragen inwiefern die Sprache, die Zweigeschlechtlichkeit, Konstruktion von Weiblichkeit und Männlichkeit oder das Schönheitsideal in einer individualisierten Gesellschaft eine Rolle spielen, über die Ebene der institutionellen Einrichtungen wie Gleichstellungsbeauftragte, psychosoziale Beratungs- und Beschwerdestellen, hin zu Makroperspektive auf Hierarchien im Wissenschafts- und Gesellschaftssystem.
Es wurde festgehalten, dass es sich vor Professoren zu beweisen gilt. Daneben wird das Selbstbewusstsein der Frauen, durch eine kleinbürgerlich-feministische Denkweise, zersetzt. Neben verbeamteten Professoren, die sich alles erlauben wollen und können, und dem Einzelkämpfertum der Studierenden erfordert es viel Mut für Frauen, in diesem Umfeld, Erfahrungen mit Machtmissbrauch zu Wort zu bringen und miteinander solidarisch zu sein. Denn jede kämpft praktisch alleine mit dem befristeten Vertrag, um die Erhaltung der Stelle als studentische-/ wissenschaftliche Mitarbeiterin oder Doktorandin und die Klausur- oder Abschlussnote oder im Leistungsdruck zwischen der Uni und Lebens- bzw. Familiengestaltung. Eine wissenschaftliche Schrift, die von einer Doktorandin geschrieben wurde, als die eigene auszugeben, seitens des männlichen Betreuers, stellt ebenso eine Form des Machtmissbrauches und der Machtasymmetrie zwischen Mann und Frau oder Doktorand und Professor in der Wissenschaft dar.
Der dritte Themenblock, praktische Teil, begann am zweiten Tag mit den, im Zuge der Vorstellungs- und Erwartungsrunde, erstellten bunten Kärtchen zu Erwartungen, Erfahrungen und Fragen, der acht Frauen.2 Die Kärtchen wurden auf den Tischen ausgelegt, gemeinsam gelesen und anschließend unter vier Überschriften geclustert.
Der erste Cluster Ausgangsfragen und gesellschaftliche Lage umfasste Fragen: wie die Benachteiligung von weiblichen Studierenden verändert werden kann, nach den Mythos des familienfreundlichen Studierens unter Betrachtung der besonderen Belastung von Frauen, inwiefern Machtmissbrauch an Universitäten auftritt und wie dagegen aktiv vorgegangen oder eine Handlungssicherheit bzw. Solidarität hergestellt werden kann.
Ausgangsfragen und gesellschaftliche Lage als zweite Kärtchen-Gruppe enthielt Imperative und Forderungen bezüglich der bürgerlichen Staats- und Familienordnung, der Restauration des Kapitalismus in ehemals sozialistischen Ländern, die Befreiung der Frau durch Überwindung des kleinbürgerlichen Feminismus, die Ungleichung von formaler Gleichheit und gesellschaftlicher Ungleichheit, die Frage nach der Möglichkeit von Gleichstellung von Mann und Frau im Kapitalismus und die besondere Unterdrückung aller Frauen.
Ein Vorschlag zu einem gleichnamigen Forum beim Frauenpolitischen Ratschlag im November 2024 und die bereits bestehenden Proteste von Frauenbewegungen wurden unter dem Stichpunkt, dem dritten Cluster, Organisationen und Aktivitäten gefasst.
Forderungen und Perspektiven als vierte Kärtchen-Gruppe inkludierte die Forderung nach einem organisierten und gemeinsamen aktiv sein. Teilnehmerinnen aus dem „Frauenverband Courage“ und der „Young World Women“ stellte diese kurz vor.
Zum einen zeigte sich eine gemeinsam durch Austausch geschaffene Bewusstseinslage für das Thema, sowie die Bereitschaft die aktuelle Situation angehen und ändern zu wollen. Zum anderen wurde klar, dass nicht alle offenen Fragen in diesem Rahmen zu Ende geklärt werden können. Anhand der Betroffenheit einer Teilnehmerin wurden ebenso Handlungsschritte erarbeitet. Die Solidarität untereinander wurde durch die Frauen bestärkt, die aktiv für den Sozialismus eintreten. Das Forum förderte einen Austausch über gesellschaftliche Strukturen, die aktuelle Lage und Betroffenheit der Studierenden, sowie eine Perspektive.
Ergebnisse und Forderungen aus dem Forum:
→ Von konkreten zu allgemeinen Themen wurde breit diskutiert und gemeinsam festgehalten, dass eine Gleichstellung von Mann und Frau in Universitäten, die als Brennglas der Gesellschaft betrachtet werden können, im Kapitalismus nicht möglich ist. Wenngleich wurden die Frage nach dem wie im Kapitalismus diskutiert, in Bezug zu den Beratungsstellen und Gleichstellungsbeauftragten und deren aktuellen Tätigkeiten.
→ Durch die Diskussionen sind folgende Gedanken hervorgegangen, die als Forderungen formuliert wurden:
- Ermöglichung von Kitaplätzen an Unis zur Vereinbarkeit von Studium und Familie.
- Die Beachtung von missbräuchlichem Verhalten in Lehrproben, der einzustellenden ProfessorInnen;
- Eine Einheit von Theorie und Praxis in der Ausbildung (z.B. Krankenpflege) und im Studium;
- Handlungsschritte bei missbräuchlichem Verhalten in der Wissenschaft;
- Studien zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf von Gleichstellungsbeauftragten, neben jenen Berechnungen des prozentualen Anteils von Männern und Frauen in den einzelnen Fachbereichen und -gebieten an der Hochschule;
- Zusammenschluss der Frauen in der kämpferischen Frauenbewegung;
- Kein Ausschluss von Männern auf Demonstrationen am 8. März oder 25. November, dagegen ein enger Schulterschluss zwischen der fortschrittlichen Studenten-, Arbeiter- und Frauenbewegung.
→ Die Erfahrungen der Frauen zeigen auf, dass nicht von Einzelfällen gesprochen werden kann. Die unterschiedlichen Formen der Gewalt und des Missbrauches gründen auf der gleichen materiellen Grundlage.
→ Mit der kleinbürgerlich-feministischen Denkweise ist die Zersplitterung der Frauenbewegung zu erklären.
→ Hervorgehende Ziele sind die Stärkung von Frauen untereinander: Mut zur Solidarität untereinander, im Studium und in der Wissenschaft.
→ Frauen vom Frauenverband Courage, einer fortschrittlichen Frauenorganisation, und der Young World Women, ein Zusammenschluss von jungen Frauen und Mädchen aus der ganzen Welt, die sich auf der 2. Weltfrauenkonferenz der Basisfrauen gründeten, diskutierten im Forum mit. Sie betonten die Relevanz der Bündnisarbeit von Bewegungen und Organisationen miteinander und den Zusammenschluss von Frauen.
Das Forum hat eine gemeinsame Grundlage für die Frauen geschaffen und einen Raum zum Austausch ermöglicht. Wir wollen die fortschrittliche Studentenbewegung zum Leben erwecken. Wir sind uns einig: zur Gleichstellung der Frau braucht es einen Kampf für eine bessere Gesellschaft mit der Befreiung der Frau!
- Winkler, Martina (2023, 6. April). PROFESSOR*INNEN GEGEN MACHTMISSBRAUCH AN UNIVERSITÄTEN, Zeitgeschichte. Online. https://zeitgeschichte-online.de/themen/professorinnen-gegenmachtmissbrauch-universitaeten (24.11.2023).
↩︎ - Die Zusammensetzung der Frauen im Forum:
Altersgruppe: 20-30 Jahre: 4; 30-40 Jahre: 2; 60-70 Jahre: 2
Anzahl an Studierenden: 3 Studentinnen; 3 ehemalige Studentinnen
↩︎